
„Dass das Krankheitsbild im Englischen auch als ‚smiling depression‘ bezeichnet wird, ist nicht verwunderlich, denn viele Mütter verstecken ihre Depression und geben vor, es gehe ihr gut.“Natalie Samimi, Psychologin und systemische Therapeutin
Und selbst wenn Symptome von Ärzten erkannt werden, werden sie selten mit der Mutterschaft in Verbindung gebracht: Ärzte und Psychiater schätzen, dass nur etwa 10 % der Fälle den zeitlichen Zusammenhang zwischen Symptomen und Geburt erkennen. Die Fachärztin leitet eine von sechs Mütter-Kind-Stationen in Deutschland. Die Station nimmt nicht nur Mütter auf, sondern auch Neugeborene, die an einer Wochenbettdepression leiden. Turmes macht seit langem darauf aufmerksam, dass nur etwa ein Fünftel des Bedarfs deutscher Mütter-Kind-Stationen gedeckt wird. Beispielsweise der Bericht 2007 in der Zeitschrift Dernervarzt.
Diese Versorgungslücke macht deutlich, dass dieses Thema in Deutschland sehr vernachlässigt wird. Turmes fragt sich warum. Eine Mutter, die mit ihrem Kind ins Krankenhaus eingeliefert wird, koste Krankenhausbetreiber zusätzlich 300 Euro pro Tag, berichtet er. In der Regel sollten zusätzlich 20.000 bis 30.000 Euro eingeplant werden. Selbst bei günstigsten Mischkalkulationen sind solche Behandlungen für Krankenhausbetreiber wertlos. Seine Station ist daher eine private Hilfsorganisation „Bei aller Liebe e. V.“ Doch laut Turmes gibt es Möglichkeiten, dieses gesundheitspolitische Fiasko zu bekämpfen: Gelder, die in die Gesundheitsversorgung investiert werden, seien sinnvoll, aber das gleiche Budget könne reichen Finanzierung aller notwendigen Mutter-Kind-Einheiten“, sagt Turmes. Es ist allgemein bekannt, dass die Verbesserung der Versorgung betroffener Mütter einen langfristigen Wert für die Gesellschaft hat. »Studien zeigen, dass 45 % der jungen Menschen, die später in die Psychiatrie kommen, einen psychisch erkrankten Elternteil haben.«
Auch sozialer Druck kann ein Auslöser sein
Es ist jedoch nicht nur medizinische Impotenz oder mangelnde Versorgung, die Patienten dazu motiviert, in die Klinik zu kommen, sondern viele PPD-Patienten haben keinen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung und Behandlung. Vielmehr bleibt die Krankheit trotz ihrer hohen Prävalenz tabu. Viele Menschen sprechen deshalb nicht über ihre Krankheit. Denn Ihre eigenen Emotionen stehen in krassem Gegensatz zu den Erwartungen Ihrer Mitmenschen. Es entsteht ein erheblicher Konflikt zwischen äußeren Idealen und eigenen Gefühlen. Die Betroffenen fühlen sich, wie der Slang sagt, wie eine Versagerin, wie eine schlechte Mutter.
Außerdem: »Psychische Erkrankungen im Allgemeinen sind eng mit Scham und Schuld verbunden. Wer sich schämt, macht den Mund nicht auf“, berichtet Turmes. Eines sei klar: Psychische Erkrankungen können jeden treffen. Sabine Surholt vom Netzwerk Schatten & Lichté. V setzt sich diesbezüglich für mehr Bildung ein. Turmes sieht das zugrunde liegende Problem psychischer Erkrankungen wie folgt: »Auf der einen Seite ist das Stigma der Krankheit sehr hoch, auf der anderen Seite fällt es den Betroffenen oft sehr schwer, sich einzugestehen, dass sie psychisch krank sind.« Etwas in der Gesellschaft ändert sich: Immer mehr Persönlichkeiten werden es über psychische Störungen, darunter eine sehr prominente Mutter, die öffentlich unter Wochenbettdepressionen gelitten hat: Die britische Sängerin Adele und die amerikanische Schauspielerin Hayden Panettiere und Gwyneth Paltrow sagten beispielsweise, sie hätten nach der Geburt eher anhaltende Verzweiflung als Mutterglück erlebt.
PPD ist auch gerade in der Bildung ein wichtiges Thema
Die Wochenbettdepression scheint jedoch nicht nur im gesellschaftlichen Diskurs, sondern auch in der Bildung ein weitgehend abwesendes Thema zu sein. Zumindest die Psychologin und ausgebildete Hebamme Natalie Samimi sagte: „Trotz ihrer hohen Prävalenz wurde PPD weder in meiner psychologischen Fakultät der Hochschule noch von Hebammen dargestellt.“ Ein Studiengang, der 2020 in Deutschland neu eingeführt wurde, wenn auch für eine relativ kurze Zeit als Hebamme dabei die ersten Monate nach der Empfängnis. „Die Diagnose ‚Postpartale Depression‘ existiert nicht einmal in den internationalen Diagnoserichtlinien für psychische Störungen“, sagt Samini. Voraussetzung für die Übernahme der Behandlung durch die Krankenkassen ist jedoch eine Diagnose. »Daher kann eine Wochenbettdepression nur als allgemeine Depression oder Angststörung behandelt werden. Daher werden die spezifischen Lebensumstände von Frauen, Partnern und Familien nicht berücksichtigt“, kritisiert Samimi.
Eine Woche Krankenhausaufenthalt hat Britta Scheufens jedenfalls geholfen. Es wurde veröffentlicht, als bei ihr eine „postpartale Depression” diagnostiziert und ihr Zustand mit einem konkreten Namen versehen wurde. Ihre anschließenden Versuche, einen geeigneten Therapeuten zu finden, blieben jedoch erfolglos, weil sie Gründe wie „Unfähigkeit” oder „Nichtbereitschaft, das Krankheitsbild zu behandeln” anführten. ” Stattdessen erhielt Britta Scheifens Unterstützung von einer Psychologin des Sozialamtes und ihrem persönlichen Umfeld.Ich werde auf meine Genesung zurückblicken.