Krebs: Geheilt heißt nicht vorbei

»Dass ein Krebspatient fünf Jahre nach der Diagnose als geheilt gilt, ist eine eher willkürliche Grenze«Katja Weisel, stellvertretende Direktorin des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf, sagte:

Auch Katja Weisel, Onkologin und stellvertretende Klinikdirektorin am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), plädiert für eine strukturierte Nachsorge. Wie das funktioniert, zeigt zum Beispiel das bundesweite Nachsorgeprogramm für junge Erwachsene (15 bis 39 Jahre), das vom UKE University Cancer Center (UCCH) initiiert und in 14 Zentren in Deutschland umgesetzt wird, zeigt CARE for CAYA. „Neben der Früherkennung und Behandlung möglicher Spätfolgen einer Krebsbehandlung bietet dieses Programm Beratung zu Lebensstilfaktoren wie Ernährung und Bewegung, psychosoziale Unterstützung und gezielte Kontaktaufnahme.“ Es wurde ein individueller Nachsorgeplan inklusive Selbsthilfe entwickelt Gruppe“, erklärt sie. Die Tatsache, dass ein Krebspatient fünf Jahre nach der Diagnose als geheilt gilt, ist laut Onkologen eine eher willkürliche Grenze. Statistisch gesehen haben die meisten Krebspatienten ab diesem Zeitpunkt ein geringeres Risiko, dass der Krebs wiederkommt. Es ist jedoch bekannt, dass aus denselben Krebszellen auch Jahrzehnte nach einer Erkrankung neue Tumore entstehen können. Bei anderen Überlebenden verschwindet der Krebs nie und bleibt fünf Jahre oder länger inaktiv, bevor er schließlich wieder auftritt.

Die Angst vor einem Tumorrezidiv gehört zu den Top 10 der häufigsten Belastungen von Langzeitüberlebenden. Dies zeigt eine Überprüfung von mehr als 130 Studien, die von Wissenschaftlern unter der Leitung des Forschers Sébastien Simard von der Universität Quebec Chicoutimi (UQAC) ausgewertet wurden. Einige Studien geben jedoch eine Zahl von 3 % an, während andere eine Zahl von 43 % ergeben, was auf Unterschiede in der Messausrüstung und den Krebsarten und -schweren zurückzuführen ist. Viele Langzeitüberlebende haben auch mit Depressionen zu kämpfen. Je nach Umfrage schwanken die Zahlen zwischen 5 % und 66 %. Das zeigt eine Übersicht von Joachim Weis vom Freiburger Tumorzentrum aus dem Jahr 2022. Der Psychologe schätzt, dass mindestens 7 Prozent und mehr als 20 Prozent mit Angst und Depression zusammenhängen.

„Ich hatte den Krebs nicht wirklich behandelt und meine Angst, dass sich der Tumor ausgebreitet hatte, komplett unterdrückt.“Ulrike Röming, Patientin

Rückkehr zum alten Leben oder Rückkehr zum neuen Leben?

Auch für Ulrike Röming sind die psychischen Auswirkungen am stärksten. Ein Jahr nach ihrer Diagnose kehrte sie zur Arbeit zurück. Wo sie zuvor nur 25 Stunden gearbeitet hatte, erhöhte sie diese bald auf 30 Stunden, später auf 40 Stunden. Während ihrer Krebsbehandlung stellte Ulrike Lemming fest, dass das Krankengeld, das sie von ihrem eigentlich sehr zufriedenen Nebenjob erhielt, kaum zum Leben reichte. „Ohne die finanzielle Unterstützung und Ersparnisse meiner Familie hätte ich das nicht geschafft“, sagt sie. Ulrike Röming wollte sich absichern, falls ihr Krebs zurückkehrt. Nachdem sie drei Jahre lang Vollzeit gearbeitet hatte, brach sie zusammen und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Diagnosen waren Burnout und Depression. Ulrike Lemming sagt HEUTE: “Es war nicht nur für die Arbeit.”

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Deutsche Krebsfiguren

  • Im Jahr 2018 wurden in Deutschland in den letzten fünf Jahren etwa 1,6 Millionen Krebspatienten diagnostiziert. Nach aktuellen Schätzungen sind in Deutschland derzeit etwa 4,5 Millionen Männer und Frauen an Krebs erkrankt oder leben mit Krebs.
  • Im Jahr 2018 wurden in Deutschland etwa 498.000 neue Krebserkrankungen diagnostiziert. Experten sagen für 2022 über 510.000 neue Krebsfälle voraus. Berücksichtigt man die gestiegene Lebenserwartung in den Berechnungen, so ist die Rate der Neuinfektionen bei Männern in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen, bei Frauen leicht.
  • Im Jahr 2019 starben insgesamt 230.242 Menschen an Krebs. Lungenkrebs ist die Ursache der meisten Krebstodesfälle bei Männern. 2019 starben etwa 28.000 Männer an dieser Tumorart. Bei Frauen ist Brustkrebs für die meisten Krebstodesfälle verantwortlich. Dabei starben etwa 18.500 Menschen.
  • Über alle Fälle hinweg beträgt die absolute 5-Jahres-Überlebensrate 50 % für Männer und 58 % für Frauen.
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Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), AG LONKO Empfohlener Artikel UAG „Daten“

Auf eine weitere psychologische Herausforderung weisen der Sozialwissenschaftler Sean M. Williams von der University of Sheffield und sein Kollege Kari Niheim Solbrecke von der University of Oslo hin. “Chaos” und emotionale Turbulenzen werden kaum erwähnt. Globalisierung und soziale Medien wie Facebook und Twitter verstärken diese Sichtweise auch in Deutschland. Dann gibt es die Idee des „posttraumatischen Wachstums“. Es erklärt tatsächlich das Phänomen, dass Patienten geistig gestärkt aus der Krankheit herauskommen. Sie setzen neue Schwerpunkte, machen Erfahrungen, die ihnen durch Krisen geholfen haben, und schätzen ihr Leben mehr als je zuvor. Ich habe geschrieben, dass es passiert ist. Es geht nicht nur darum, ein anderer Mensch zu werden, es geht darum, in gewisser Weise ein besserer Mensch zu werden.Sie geben auch Kraft fürs Leben.Aber andere üben Druck auf sie aus.

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Ulrike Röming kennt beides. Während ihrer Krankheit verbrachte sie viel Zeit im Internet. „Es fühlte sich so gut an, mit anderen Menschen zu interagieren“, erinnert sie sich. Zu sehen, wie Krebsüberlebende wie sie in ihr normales Leben zurückkehren, ihre Jobs kündigen, die Welt bereisen und sich in Yoga ausbilden, hat sie inspiriert. werde ich das nicht tun? Scheinbar sind sie wieder voll leistungsfähig und warum bin ich depressiv? Facebook hat sie auch immer wieder in der Todesanzeige angepiekst und Frauen, deren Krebs nicht weggegangen ist“, berichtet Roming. Diese Konfrontation mit der Realität, oder zumindest einem Ausschnitt davon, ließ sie noch mehr an ihrem Weg zweifeln. Es hat keinen Sinn, sich ein neues Leben aufzubauen, sonst kommt der Krebs und ruiniert mir wieder alles.

Katja Weisel kennt den Druck, den sich Überlebende selbst machen. Zum Beispiel, weil sie ihr bisheriges Leistungsniveau im Beruf nicht mehr erreichen kann oder weil die Angst vor einem Rückfall sie immer wieder lähmt.“ Es ist wichtig, unsere Patienten nicht zu stigmatisieren“, sagt sie: „weder positiv noch negativ.“ Letztlich , es geht nicht um die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, sondern um das Individuum, zu sehen – mit allen Bedürfnissen, Ängsten und Wünschen. „Es ist wichtig, es bedeutet auch, Platz zu schaffen und Tabuthemen anzusprechen.“ Zukunftsängste, finanzielle Probleme oder Libidoverlust.

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