
Werner Hoyer ist zuversichtlich. Egal, auf welche Strategie sich die EU-Staats- und Regierungschefs am Ende einigen: “Wir werden dabei sein”, sagte der Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB) am Donnerstag in Brüssel. Bei einem Gipfeltreffen Ende nächster Woche werden 27 Spitzenpolitiker darüber beraten, wie die EU auf das massive grüne Hilfspaket der US-Regierung reagieren soll. Und Bankchef Hoyer rechnet fest damit, dass sein Institut hier eine Rolle spielt.
Die EIB ist eine der größten Banken der Welt, aber außerhalb von Finanz- und Politikkreisen relativ unbekannt. Das Luxemburger Geldhaus ist die Förderbank der EU – das 1958 gegründete Institut gehört 27 Mitgliedsstaaten an und unterstützt mit günstigen Krediten den Bau von Windparks, Eisenbahnen oder Datenleitungen. Die EIB stellt auch kleinen Unternehmen Geld zur Verfügung und ist mit ihren 4.000 Mitarbeitern einer der wichtigsten Finanzierer von Klimaschutzprojekten weltweit.
An der Spitze steht seit 2012 der frühere FDP-Staatsminister Werner Hoyer. Allerdings läuft die Amtszeit des 71-Jährigen Ende des Jahres aus – und in den letzten Monaten seiner Amtszeit dürfte Hoyer den Aufgabenbereich seiner Bank noch einmal erweitern. Der Grund ist, dass Inflationsbekämpfungsgesetz (IRA), ein US-Gesetz, das den grünen Übergang der Wirtschaft umfassend fördert. Ein Teil der geplanten Subventionen hängt damit zusammen, dass Öko-Produkte in den Vereinigten Staaten hergestellt werden. Denn Präsident Joe Biden will vor allem amerikanische Fabriken unterstützen. Dies benachteiligt europäische Unternehmen, die Waren in die USA exportieren wollen. Unternehmen könnten daher Fabriken und Investitionen nach Amerika verlagern.
Die EU-Kommission schlägt daher vor, dass Hersteller grüner Produkte wie Windräder oder Batterien auch in Europa stärker unterstützt werden. Am Mittwoch stellte Behördenchefin Ursula von der Leyen ein Strategiedokument vor, das beim EU-Gipfel kommende Woche diskutiert werden soll. Dementsprechend sollte es für die Mitgliedstaaten einfacher sein, mehr Subventionen zu zahlen. Darüber hinaus sollten die Regierungen die EU-Mittel zugunsten der grünen Industrie umverteilen. Darüber hinaus kündigte die Kommission an, dass sie eine Aufstockung des Programms „Invest-EU“ prüft. Hier kommt Hoyers EIP ins Spiel.
Auch in Deutschland gibt es Vorteile
Denn mit Invest-EU gibt die Kommission der Luxemburger Entwicklungsbank Garantien. Diese Garantien ermöglichen es der EIB, riskantere Projekte von Unternehmen zu unterstützen. Mehr Geld für Invest-EU bedeutet also, dass die EIB Herstellern umweltfreundlicher Produkte günstigere Darlehen oder Kapitalspritzen zur Verfügung stellen kann.
Von der Leyen verspricht zudem, bis zum Sommer das Konzept eines Europäischen Souveränitätsfonds vorzulegen. Dieser Topf mit EU-Geldern soll wichtige Industrieprojekte fördern, aber die Details sind offen – zum Beispiel, woher die Kommission das Geld bekommt. Charles Michel, der Präsident des Rates der Europäischen Union, schlug in einem Gastbeitrag vor zweieinhalb Wochen vor, dass die EIB hinter diesem Fonds stehen sollte. Nach Michels Plänen soll der Fonds Investitionen in die Industrie unterstützen, aber nicht als Subventionen, die dann wegfallen, sondern durch rückzahlbare Kredite oder Kapitalspritzen. So kann das Geld immer wieder verwendet werden. Kurz nach Michel plädierte auch Hoyer in einem Gastkommentar für solche Modelle – und wies darauf hin, dass die EIB viel Erfahrung mit diesem Ansatz habe. Ob sich Kommission und Staats- und Regierungschefs endgültig auf dieses Konzept einigen werden, ist jedoch unklar.
Hoyer gab am Donnerstag auch das abgelaufene Geschäftsjahr bekannt. In der Folge schloss die EIB Finanzierungen in Höhe von über 72,5 Milliarden Euro ab. Das Institut deckt mit seinen günstigen Krediten immer nur einen Teil der Finanzierung, der Rest kommt von anderen Banken und Investoren. Damit konnten laut EIB mit diesem Betrag 260 Mrd. EUR investiert werden. Das meiste Geld floss in Projekte in Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland. Setzt man die Beträge jedoch in Relation zur Wirtschaftsleistung, hat Griechenland vor Zypern und Polen am meisten gewonnen. In Deutschland unterstützte die Bank unter anderem Windparks, die Modernisierung von Stromnetzen und den Bau einer Fabrik für Batteriematerialien.
Die Ziele wurden erreicht
Rund 58 Prozent der Gesamtförderung flossen in klimafreundliche Projekte. 2019 hatte sich die Bank das Ziel gesetzt, die 50-Prozent-Grenze bis 2025 zu überschreiten – dies wurde nun deutlich früher erreicht. Das zweite Ziel ist es, zwischen 2021 und 2030 Investitionen in den Klima- und Umweltschutz von einer Billion Euro oder 100 Milliarden Euro pro Jahr zu ermöglichen. Dieses Ziel wurde 2021 und 2022 übertroffen.
Die nächste große Herausforderung könnte bald kommen: eine Antwort auf Bidens IRA.